Farbstiftglossen
Die Eintragung von Glossen mit Farbstiften hinterlässt den Abrieb von meist mineralischem Material auf dem Pergament. Diesen Vorgang nennt man "Adhäsion". Bisher konnte die Verwendung von Schwarz- (vermutlich Kohle) oder Braunstiften und Rötel beobachtet werden. Der illite bzw. impakte Auftrag der Farbstifte hängt mit dem Härtegrad des jeweiligen Stiftes zusammen und kann mitunter zu Irritationen führen, da ein besonders harter Farbstift auch für eine Griffeleintragung gehalten werden kann.
Farbstifte können besonders gut bei Auf- oder Streiflicht betrachtet werden. Die besonders leichte Auftragsform der Farbstifte auf Pergament lässt den Schluss zu, dass jene Schreibinstrumente besonders häufig für eilige Notate verwendet wurden und somit häufig der spontanen Glossierung zugeschrieben werden können.
Die genaue Zusammensetzung der Farbstifte ist heute leider größtenteils nicht bekannt. Bei Rötelstiften weiß man allerdings um deren Zusammensetzung aus einem eisenoxydhaligen Mineralgemenge, das im Auftrag eine warmrötliche Färbung ergab und meist sehr fetthaltig war. Je fettloser ein Farbstift war, desto leichter konnte man ihn auch wieder verwischen. Schwarzstiftglosseneintragungen kann man mit heutigen Kohle- oder auch Graphiteintragungen vergleichen, Braunstiftglosseneintragungen mit Sepiaeintragungen.
Durch oft nur schwachen Farbauftrag oder auch Beschädigungen, wie abreibende Hände, Feuchtigkeit oder Pressungen kann man Farbstiftglossen heute nur schlecht erkennen und viele Eintragungen wurden wahrscheinlich auch noch gar nicht gefunden. Die Farbstiftglossen bilden im Vergleich zu Feder- und Griffelglossen die kleinste Gruppe der bereits edierten Glossen. So sind bis heute nur in 17 Handschriften Farbstiftglossen bekannt (siehe Nievergelt 2009:236).
Mischungen verschiedener Farbstifte sind selten zu finden. Texte, die besonders häufig mit Farbstiften glossiert wurden, sind zum einen die Cura pastoralis und die Bibel.